Institutionalisierte Freigebigkeit

Geliebte Teilnehmerinnen und Teilnehmer,

Sozialwahl – „ich bin dabei“ – so lautet die Überschrift zu dem Tag, der nun vor uns liegt. „Ich bin dabei“: ich höre das als einen Motivationsruf, mitzumachen, teilzunehmen an den kommenden Sozialwahlen, aber auch mitzuwirken in den Selbstverwaltungs-gremien der Sozialversicherungen, als ehrenamtlicher Arbeits- und Sozialrichter.

Was aber könnte dazu motivieren, „dabei zu sein“? Wir werden heute sicher einige Antworten dazu hören bei den unterschiedlichen Referaten. Ich bin schon gespannt, was so motiviert, dabei zu sein.

Mich beeindruckt jedenfalls die Bedeutung der Aufgabe, die alleine schon an so ein paar Zahlen deutlich wird: etwa wenn ich mir vor Augen führe, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung im vergangenen Jahr rund 270 Milliarden Euro bewegt worden sind und in der Gesetzlichen Krankenversicherung rund 210 Milliarden Euro – Größenordnungen, die dem Bundeshaushalt mit 300 Milliarden Euro schon sehr nahe kommen. Institutionalisierte Freigebigkeit weiterlesen

Die Eltern ehren

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.
2.Mose 20,12

Geliebte AEU-Mitglieder, geliebte Gäste,

das 4.Gebot, das wir soeben hörten und das heute die alttestamentliche Losung ist, sticht aus drei Gründen aus dem Dekalog hervor. Es ist zum einen das einzige der Zehn Gebote, das mit einer Verheißung verbunden ist. Denn vollständig lautet dieses Gebot: Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass dir’s wohlgehe und du lange lebst auf Erden.

Zum zweiten befindet es sich an der Nahtstelle zwischen der ersten und der zweiten Tafel der Gebote – der ersten Tafel, in der es um die Gottesliebe geht, der zweiten Tafel, in der es um die Nächstenliebe geht.

Zum dritten ist das 4.Gebot jenes der Zehn Gebote, dessen Zuspruch und Anspruch sich am meisten wandelt über einen gesamten Lebenslauf. Die Eltern ehren weiterlesen

Draußen vor dem Tor

Hebr 13,12-14: Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Geliebte Gemeinde,

wie hätten Sie diese Worte aus dem Hebräerbrief vor einem Jahr gehört, am 6.März 2015? „So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager…Wir haben hier keine bleibende Stadt“ – hätten Sie am 6.März 2015 bei solchen Worten die Menschen vor Augen gehabt, die in Syrien – damals schon –keine bleibende Stadt hatten, die im Libanon – damals schon – ihr Leben in Lagern fristeten?

Ich gebe zu, ich hätte diese Menschen nie und nimmer am 6.März 2015 vor Augen gehabt. Am 6.März 2016, heute, habe ich sie vor Augen. Draußen vor dem Tor weiterlesen

Gerade mal ein Gebet weg

Philipper 4.4-7: Freut euch im Herrn allezeit. Und immer wieder will ich es sagen: Freut euch! Laßt alle eure Menschen eure Zartheit erfahren. Der Herr ist nahe. Sorgt euch um nichts, sondern worum ihr zu bitten habt, das lasst in Gebet und Fürbitte mit Dank vor Gott kommen. Und Gottes Friede, der weiter reicht als alle Vernunft, halte die Wacht über eure Herzen und Gedanken in Christus Jesus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sorgt euch um nichts!“ So schreibt’s der Apostel Paulus seiner Gemeinde in Philippi. „Mach dir mal keine Sorgen!“ So sagt man’s ja manchmal – beruhigend, besänftigend, vielleicht auch, weil man nicht belästigt werden möchte. Eines anderen Sorgen, seien wir ehrlich, können auch richtig nerven, gerade wenn man selbst mit eigenen Sorgen genug zu tun hat. Gerade mal ein Gebet weg weiterlesen

Den Bruder, die Schwester im Blick behalten – auch im Streit

Liebe AEU-Mitglieder, liebe Gäste,

Kaum zu glauben, aber mit dieser Veranstaltung neigt sich unsere Reihe mit Referenten zum Jahresthema „Freiheit und Verantwortung“ dem Ende zu. Ich habe im Laufe des Jahres immer wieder versucht, auf dieses unser Jahresmotto unter einem jeweils anderen Gesichtspunkt Bezug zu nehmen. Heute – und da bietet sich der Kontext der Jahreslosung an – möchte ich ein paar Gedanken zu der Frage „Christlicher Freiheit in christlicher Gemeinschaft“ entfalten. Hören wir aber zuerst die Verse aus dem Römerbrief, die uns dabei anleiten (Römer 15,1-7):

Wir aber, die wir stark sind, sollen das Unvermögen der Schwachen tragen und nicht Gefallen an uns selber haben. Jeder von uns lebe so, dass er seinem Nächsten gefalle zum Guten und zur Erbauung. Denn auch Christus hatte nicht an sich selbst Gefallen, sondern wie geschrieben steht (Psalm 69,10): »Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen.« Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben. Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß,damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.

Es ist sehr hilfreich, diese Worte vor dem Hintergrund der spezifischen Konfliktlinien zu hören, mit der Paulus zeit seines Lebens als Apostel zu tun hatte Den Bruder, die Schwester im Blick behalten – auch im Streit weiterlesen

Das Trojanische Pferd der Sachlichkeit

Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Sage, in der erzählt wird, wie die Griechen die Stadt Troja eroberten. Sie bauten ein großes hölzernes Pferd, stellten es vor den Eingang der bis dato uneinnehmbaren Stadt und täuschten ihren Abzug vor. Die Trojaner, gierig oder neugierig, kassierten dieses Pferd ein. Sie ahnten jedoch nicht, was sie sich dabei an Land gezogen hatten. Denn im Bauch des Pferdes lauerten bis an die Zähne bewaffnete Feinde. Diese schlugen mitten in der Nacht zu. Das Ende von Troja war besiegelt.

Von „Trojanischen Pferden“ oder „Trojanern“ spricht man bis heute dann, wenn in etwas, was als schön, hilfreich oder gut erscheint, eine zerstörerische Gefahr verborgen ist. Dieses Bild verwendet auch der Kommunikationspsychologe Schulz von Thun, um etwas zu illustrieren, was im Arbeitsleben tagtäglich geschieht. Er nennt es „das Trojanische Pferd der Sachlichkeit“. Das Trojanische Pferd der Sachlichkeit weiterlesen

Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn

Andacht zu Genesis 32,23-32 (s. hier den Bibelabschnitt zum Nachschlagen)

Liebe AEU-Mitglieder, liebe Gäste,

unser Jahresthema ist „Freiheit und Verantwortung“. Und wir haben dieses Thema ein wenig so angegangen, als ob wir mit diesen zwei Worten eine Überschrift auf ein Banner geprägt haben. Ein Banner, das wir dann über das Leben eines Christenmenschen, auch über unser Leben als in der Wirtschaft tätige Christenmenschen spannen könnten. Die heutige Geschichte lädt uns ein, noch einmal einen Schritt zurück zu treten. Sie lädt uns ein, ein wenig den Blick auf diesem Banner verweilen zu lassen. Sie lädt uns ein, zu fragen, ob dieses Banner vollständig beschriftet ist, ob damit wirklich unser ganzes Leben als Christenmenschen zu fassen wäre. Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn weiterlesen

Erste und letzte Worte

Andacht zu Psalm 33 (s. hier den Bibelabschnitt zum Nachschlagen)

Liebe AEU-Mitglieder, liebe Gäste,

„Er muss immer das letzte Wort haben.“ Wenn man das über jemanden sagt, ist das in der Regel nicht als Kompliment gemeint.

Sie selbst wissen: es gibt oft genug Situationen, wo einer das letzte Wort haben muss, nicht zuletzt im Betrieb. Man kann lang und breit diskutieren über Entscheidungen, man kann Optionen von allen Seiten beleuchten lassen. Man kann sich lang beraten und abwägen. Irgendwann muss eine Entscheidung her – und einer muss dann eine Ansage machen, das letzte Wort haben. Erste und letzte Worte weiterlesen

Zwei Herren über Leben und Tod

Predigt an Lätare zu Joh 18,28 – 19,5 (s. hier den Bibelabschnitt zum Nachschlagen)

Liebe Gemeinde,

(1) Eine wirkmächtige Begegnung

Eine bemerkenswerte Szene ist es, die wir heute betrachten. Bemerkenswert und wirkmächtig. Die Begegnung von Pilatus und Jesus, sie hat mannigfach Eingang gefunden in Literatur und Kunst.

Die Kernsätze des Pilatus sind zu geflügelten Worten geworden – sei es die Frage, die Pilatus an Jesus richtet: „Was ist Wahrheit?“, sei es der Ausruf, mit dem Pilatus den gefolterten Jesu dem Volk präsentiert: „Seht, welch ein Mensch“ – oder schließlich das illustre: „Ich wasche meine Hände in Unschuld.“

Und natürlich wird die Begegnung zitiert im Glaubensbekenntnis: „Gelitten unter Pontius Pilatus“ – das ist nicht nur eine zeitliche Einordnung des Lebens Jesu. Das ruft diese Begegnung in Erinnerung, jeden Sonntag, an dem wir das Bekenntnis sprechen. Zwei Herren über Leben und Tod weiterlesen

What would Jesus do?

„What would Jesus do?“ ist sicherlich nicht eine der ersten Fragen, die man sich im Berufsalltag stellt. Was würde wohl passieren, wenn Sie in Ihrem Team, bei Ihren Führungskräften diese Frage als einen Orientierungspunkt für die Personalführung ausgeben würden, diese Vorgabe vielleicht sogar bei der jährlichen Zielvereinbarung festschreiben ließen? Welche Phantasien entfacht dieser Gedanke bei Ihnen, neben der offensichtlichen Erkenntnis, damit wahrscheinlich gegen die Antidiskriminierungsrichtlinie zu verstoßen? Wie würden Ihre Führungskräfte, Ihre Mitarbeiter reagieren? Was müssten Sie sich anhören – oder welche Sprüche würden wohl hinter vorgehaltener Hand geklopft werden? What would Jesus do? weiterlesen