LobFreudeDank-Ordner

Da läuft mal wieder der Rechner nicht, wie er soll, der Kollege am Nebentisch erreicht das Gute-Laune-Niveau eines Stinkmorchels, die Chefin verteilt Arbeit, als ob es kein Morgen gäbe, und der Kunde, den man gerade am Hörer hat, wird so laut und deutlich, dass man einen Sicherheitsabstand zwischen Ohr und Ohrmuschel hält. Zum Davonlaufen!

Natürlich gibt es nicht nur solche Tage. Aber Hand aufs Herz: was prägt sich bei dir eher ein – die entspannten oder hektischen Phasen, schöne oder blöde Momente am Arbeitsplatz? Solltest du zu den Glücklichen zählen, die sich nur an die super Tage erinnern, dann kannst du getrost ab jetzt weghorchen. Für alle anderen habe ich einen kleinen Tipp gegen das Vergessen. Denn auch ihr habt schon Gutes auf der Arbeit erlebt.

Um mich genau an dieses Gute zu erinnern, habe ich mir nämlich einen eMail-Ordner angelegt. Der heißt „Mein LobFreudeDank-Ordner“. Mails, in denen mir etwas Nettes geschrieben wurde, lösche ich nicht. Ich hebe sie in diesem Ordner auf. Und wenn mal wieder einer dieser Tage zum Davonlaufen ist – oder auch einfach dann, wenn mir grad danach ist – schaue ich in diesen Ordner. Und dann sind sie wieder da – die schönen Momente. Wenn da ein „Danke“ kommt. Wenn einer schreibt: „Das hat mir weitergeholfen.“ Wenn da steht: „Super, dass wir das zusammen lösen konnten.“ Das fühlt sich auch beim zweiten oder dritten Lesen gut an. Deswegen meine Empfehlung: Solche Mails unbedingt aufheben. Und auch selber schreiben und verschicken.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 3.9.2017)

Die Übung von den letzten Dingen

Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.(Lukas 11,9f.)

Geliebte AEU-Gemeinde,

manche von Ihnen wissen es ja vielleicht, dass ich seit bald vier Jahren in einem Projekt für Beschäftigte der AOK Bayern tätig bin. Mein Arbeitsauftrag lautet: „Begleitung in Krisen- und Übergangssituationen“ – und das kann ganz Verschiedenes sein: von einer Krise im Team über eine Strukturveränderung im Bereich bis hin zu Veränderungsprozessen in der Familie, etwa, wenn ein Familienmitglied pflegebedürftig wird.

Immer wieder komme ich auch mit den Menschen, die ich da begleite, auf die heutige Tageslosung: „Klopfet an, so wird euch aufgetan.“ Die Übung von den letzten Dingen weiterlesen

Surplus Humans

„Surplus Humans“ – dieses Wort geistert seit einiger Zeit durch das Silicon Valley. Gemeint sind Menschen, deren Arbeitskraft in Zukunft nicht mehr gebraucht wird. Roboter erledigen nämlich ihren Job. Klar wollen die, die mal eben locker-flockig von „Menschenüberschüssen“ reden, vor allem auf ein Problem aufmerksam machen: es kann sein, dass wir dank Digitalisierung auf eine neue Phase hoher Arbeitslosigkeit zusteuern.

Trotzdem schüttelt es mich bei dem Gedanken, dass es Menschen geben soll, die überflüssig sind. Nicht, dass dieser Gedanke neu wäre. Die Weltgeschichte lässt sich nicht ehrlich erzählen, ohne die Leichenberge voller Menschen zu erwähnen, die zu ihrer Zeit als überflüssig galten. Umso vorsichtiger sollte man mit Begriffen wie „Surplus Humans“ umgehen.

Ich glaube schlicht und ergreifend nicht, dass ein Mensch überflüssig ist. Weil ich glaube, dass jeder Mensch von Gott geschaffen ist – und wer wollte behaupten, Gott würde überflüssige Menschen schaffen? Nur ein Zyniker könnte das.

Wie wär’s also mit „humans with surplus“ – Menschen also, deren ganz eigener Wert bisher noch nicht erkannt ist? Wenn wir so weiterdenken, bin ich voll dabei, wenn es um die Zukunft von uns allen geht in einer digitalisierten Arbeitswelt.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 30.8.2017)

Freiheit im Beruf

Geliebte Gemeinde,

„Freiheit im Beruf“ – wer wünscht sich das nicht? Zu schalten und walten, wie man gerne wünschte, nicht demotiviert zu werden vom Chef, nicht gegängelt zu werden von den Kollegen, nicht getrieben zu werden von den Kunden? Einfach das machen zu können, was man gelernt hat – und nicht permanent mit Nebensächlichkeiten aufgehalten zu werden? Das sind einige der Dimensionen, die anklingen, wenn Menschen davon berichten, was sie in ihrem Beruf unfrei macht.

Und dann gibt es ja auch genug in unserem Land, die gar nicht in dem Beruf tätig sein können, den sie gerne ausüben würden, einfach, weil es die Stellen nicht gibt, zumindest nicht vor Ort, wo man anderweitig gebunden ist.

Und wie sieht es mit denen aus, die gar keine Arbeit finden? Auch wenn wir nach der aktuellen Arbeitslosenstatistik den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht haben – wobei, das sei nebenbei angemerkt, die Erhebung der Statistik heute nicht vergleichbar ist mit der Erhebung im Jahre 1991 – , so reden wir in Deutschland immer noch von 2,5 bis 3,5 Millionen Menschen, die ohne Verwendung in der Welt der Erwerbsarbeit ihr Dasein fristen.

„Freiheit im Beruf“ – was ließe sich dazu also sagen? Freiheit im Beruf weiterlesen

Grundstürzende Wahrnehmungsänderung

Geliebte Teilnehmerinnen und Teilnehmer,

es ist schon ein bemerkenswerter Zufall, dass dieses Jahr die Feierlichkeiten zum Reformationsgedenken zusammen fallen mit den Sozialwahlen, besonders bemerkenswert, so denke ich, für die EAG. Denn das Engagement der EAG in der Selbstverwaltung der Sozialversicherungen speist sich ja aus einer christlichen Haltung:

„Auf Bundes- wie auf Landesebene engagieren wir uns als Versichertenvertreter/-innen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung für die Einhaltung von Menschenwürde, Gerechtigkeit, Entscheidungsfreiheit und Selbstverantwortung in der Arbeitswelt.“ So heißt es in der wirklich gelungenen Wahlwerbebroschüre der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmer-Organisationen (ACA).

Da scheint ja alles klar zu sein. Und doch schadet es vielleicht nicht, gerade in diesem Jahr den einen oder anderen Bezug herzustellen von der reformatorischen Botschaft, die ja nichts anderes sein will als eine Neuauflage der biblischen Botschaft, hin zu dem, wofür die Sozialwahlen stehen.

Die Richtung kann uns dabei zum Beispiel die Ökumenische Losung aus dem heute beginnenden Monat April weisen. Sie stammt aus dem Ende des Lukas-Evangeliums und lautet:

„Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.“ (Lk 24,5.6)

Es sind die Worte, welche die Frauen in der Grabstätte Jesu hören, als sie dort frühmorgens ankommen, um den Leichnam Jesu zu salben. Grundstürzende Wahrnehmungsänderung weiterlesen

Der Ökonom Gottes

Andacht zu 2.Korinther 9,6-11

Liebe AEU-Gemeinde,

„Die Knappheit der Güter ist ein wirtschaftliches Grundproblem und macht wirtschaftliches Handeln des Menschen notwendig, um eine bestmögliche Versorgung mit Gütern zu gewährleisten. Je knapper ein Gut ist, desto höher ist sein Preis.“

Was man so im Wirtschaftsduden unter dem Begriff „Knappheit“ nachlesen kann, wird wohl in jeder VWL- oder BWL-Einführungs-Vorlesung so oder so ähnlich gelehrt. Es ist quasi ein ehernes Gesetz der Ökonomie. Weil die Güter knapp sind, darum wirtschaften, ja man könnte sogar sagen, machen die Menschen überhaupt irgendetwas.

Nur im Schlaraffenland, wenn überhaupt, könnte man den ganzen Tag faul herumliegen – wobei bei diesem Verhalten nach einiger Zeit die eigene Gesundheit und damit auch das eigene Leben zum knappen Gut werden würde. Der Ökonom Gottes weiterlesen

Was Dir anvertraut ist

Du aber bleibe bei dem, was du gelernt hast und was dir anvertraut ist; du weißt ja, von wem du gelernt hast und dass du von Kind auf die Heilige Schrift kennst, die dich unterweisen kann zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus. (2.Timotheus 3,14f.)

Liebe AEU-Gemeinde,

wenn ich dieses Jahr im AEU vor dem Hintergrund dieser Worte aus dem 2.Brief des Paulus an seinen Schüler Timotheus Revue passieren lasse, dann fällt mir so manches Gespräch ein, das ich mit Mitgliedern unseres Arbeitskreises geführt habe. So manches Gespräch, in dem mir Mitglieder erzählt haben, was ihnen anvertraut ist und von wem sie es gelernt haben. Die Eltern, die Großeltern, der Tauf- oder Jugendpfarrer. Irgendwo in der eigenen Biographie finden sich für den eigenen Glauben prägende Gestalten.

Kein Wunder, denn Glaube lebt schon immer vom Zeugnis, er wird vom Zeugnis anderer geweckt. Das mögen einprägsame Sätze oder eine beständige Haltung sein, die einem ganz nahe bringen, was es heißt, ein Christ, eine Christin zu sein, diesen Namen zu tragen, der auf den verweist, auf den wir hoffen im Leben wie im Sterben. Was Dir anvertraut ist weiterlesen

protestantisch verantwortlich handeln

Vor ca. 50 Jahren, am 9. März 1966, traf sich in einem Frankfurter Hotel eine Runde von rund 20 evangelischen Unternehmern und Führungskräften. Sie alle verband ein gemeinsames Anliegen, das der einladende Textilunternehmer Dr. Walter Bauer wie folgt in seinem Anschreiben formulierte:

Die evangelische Kirche hat nach dem Zweiten Weltkrieg eine Fülle von Diensten und Einrichtungen geschaffen, die sich mit Fragen der Industriewelt beschäftigen und Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu Gesprächen und Tagungen versammeln … Die Arbeitnehmerschaft hat sich durch ihre kirchlichen Gremien (z.B. Aktionsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen) in und außerhalb der Kirche Gehör verschafft, die Arbeitgeberseite war nicht imstande, ihre Auffassungen in gleicher Weise zu artikulieren und zu den verschiedenen Fragen vom evangelischen Standpunkt aus Stellung zu nehmen … protestantisch verantwortlich handeln weiterlesen

Über Anfechtung

Geliebte Schwestern und Brüder,

„Glaube, Freiheit, Verantwortung – Umbruch und Perspektiven“ – unter diesem Motto saßen wir gestern und heute beieinander. Fünf große Worte, fünf Worte, aus denen man ganze Bibliotheken zusammenstellen könnte. Was wurde nicht schon zu diesen Worten gedacht, geschrieben, gepredigt? Ganze Welten sind das, die sich hier auftun. Und dann kamen gestern gleich noch mehr große Worte dazu: Frieden, Sicherheit, Wohlstand, Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel, Demographie. So viele große Worte. Und jedes dieser Worte beschreibt Aufgabenbündel, die von ganzen Heerscharen bearbeitet werden oder zu bearbeiten wären. Heerscharen, die dem AEU nicht zur Verfügung stehen. Und doch sind sie da, diese großen, Ehrfurcht gebietenden Worte. Über Anfechtung weiterlesen

Mahlzeit

„Mahlzeit“. Wenn ich mittags durch das Unternehmen gehe, in dem ich arbeite, höre ich es in allen Gängen. Nicht „Servus“, „Hallo“, „Grüß dich“, sondern „Mahlzeit“. So, als ob alle, die mittags unterwegs sind, auf dem Weg in die Kantine wären. Schnell noch ein freundliches „Mahlzeit“ zugerufen, damit es auch gut schmeckt. Ist doch so, oder? Oder ist das nicht doch, tja, eigentümlich? Wirkt so ein bisschen ferngesteuert, wenn alle ab halb zwölf von „Hallo“ auf „Mahlzeit“ umschalten.

Warum grüßt man sich eigentlich so um die Mittagszeit? Das jedenfalls fragten sich ein paar meiner Kollegen und wurden bei Wikipedia fündig, wo folgendes steht: „ „Mahlzeit“ wird vor allem in westlichen Bereichen Deutschlands sowie in Österreich zur Mittagszeit häufig als knapper Gruß benutzt. Der Ursprung dieses Brauches ist eine Kurzform des früher verbreiteten Grußes „Gesegnete Mahlzeit!“.“

„Gesegnete Mahlzeit!“ Da waren sie dann doch ein wenig verwundert. Dass man da vielleicht – irgendwie – einen, wenn auch verschluckten, Segen mitspricht. Oder umgekehrt: Man spricht den Segen eben nicht mehr mit, weil – ja, warum eigentlich? Weil es nicht mehr in unsere Zeit passt? Schade eigentlich. Wenn man sich „Gesegnete Mahlzeit“ wünscht, geht’s beim Essen um mehr als nur ums Sattwerden. Im Wort „Segen“ steckt auch ein „gar nicht selbstverständlich“, ein „Was, für mich?“, ein „GottseiDank“ drin.

Sie können sich vorstellen, dass ich selbst seither ab halb zwölf „Mahlzeit“ etwas anders sage.