Meinen Pfad und meine Rast sichtest du

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl Geistes.

Geliebte Tagungsgemeinde,

jetzt also auch noch der Herrgott. Nicht genug, dass wir von Cookies und Trackern allweil im Netz verfolgt werden, dass unsere Arbeitgeber gewollt oder ungewollt Daten über uns sammeln und auswerten, dass die Clouds der großen IT-Dienste sich vollsaugen mit unseren Livefeeds, dass die Kameras unserer Rechner gehackt werden können, jetzt also auch noch der allgegenwärtige Herrgott.

Es hat ja Tradition. Bevor es den „Big Brother watching you“, gab, gab es schon lange Bilder vom „Big Father“. „Der liebe Gott sieht alles“. So haben es vielleicht einige von Ihnen noch als mehr oder weniger sanften Hinweis in ihrer Erziehung genossen. Das war die Parole des vordigitalen Helikopterelterntums, lange bevor dieses Wort erfunden wurde.

Vom Menschen reden in digitalen Zeiten

Reisesegen auf der Rüstzeit des AEU in Arnoldshain am 7.3.2020

Geliebte AEU-Mitglieder,

was macht uns Menschen eigentlich aus? Mit dieser Frage bin ich aus dem gestrigen Tag heraus gegangen, einfach, weil ich denke, dass, wenn wir auf diese Frage Antworten geben, dies uns vielleicht helfen könnte, eine Haltung zu finden oder unsere bereits vorhandene Haltung zu den Phänomenen der Digitalisierung besser zu verstehen.

So habe ich ja die doppelte Einladung zur Diskussion mit Paul Melot de Beauregard und Herrn Bulander verstanden, eine Einladung dazu, sich zur Digitalisierung zu ver-halten.

Wenn theologisch davon gesprochen wird, was einen Menschen ausmacht, dann blicken wir auf den Menschen vor Gott. 

Wie könnte dieser Blick nun hilfreich sein? Dazu möchte ich ein paar Thesen und Gedanken mit Euch und Ihnen teilen.

Was bringt uns in digitalen Zeiten zusammen?

Geliebte Gemeinde,

die heutige Veranstaltung steht wie die anderen in 2019 unter dem Jahresmotto „Gemeinschaft 4.0 – was bringt uns heute zusammen?“. Ich erinnere mich noch gut, dass dieses Motto in unserem Leitungskreis aus der Idee entstand, so eine Veranstaltung wie heute zu machen. Lieber Wolfgang, du hast damals von Deiner Irritation gesprochen, dass und wie Smartphones und andere Endgeräte in deiner Wahrnehmung das Zwischenmenschliche, die Gemeinschaft, die Kommunikation stören, hier und da auch zerstören, zumindest verändern.

Es ist gut, dass wir heute Abend noch einmal einen differenzierten Blick darauf gewonnen haben – einen Blick, der nur in Gemeinschaft möglich ist.

Ich frage mich, ob dies eine Spur sein könnte, mit all dem, was uns als Eltern und Lehrkräfte, als Unternehmer und Christen so umtreibt, gut umzugehen. Einfach immer wieder in den Austausch gehen, um mit den eigenen Fragen und Sorgen nicht allein zu bleiben.

Hier, so denke ich, können wir als Ältere dann auch etwas von den Jüngeren lernen, denjenigen, die als Digital Natives nicht wie die Digital Immigrants zwischen analoger und digitaler Welt unterscheiden. Denn der Dialog, das Miteinander ist ja genauso mit und über digitale Tools möglich.

Gebot 8.0

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer,

mein Name ist Peter Lysy. Ich bin einer der Pfarrer im kda und darf nun den offiziellen Teil unserer Veranstaltung hier auf dem Digital Festival beschließen. In der Kirche läuft das meistens so, dass einer noch einen Segen spricht oder ein Gebet.

Ich möchte mit euch noch kurz ein paar Gedanken teilen – und zwar zu einem der zehn Gebote, das mich in Sachen Digitalisierung zunehmend beschäftigt. Es ist das achte Gebot. Wer kennt es?

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Im Allgemeinen denkt man es so: Du sollst nicht lügen. Und dann geht schnell eine Diskussion los, was Lügen eigentlich ist – und was nicht.

Eine Bildungsaufgabe in Zeiten der Digitalisierung

Sehr geehrte Damen und Herren,

In den drei Jahren, in denen wir uns hier im kda mit dem Thema „Digitalisierung“ befassen, ist mir eines deutlich geworden: wenn man „Digitalisierung“ zum Thema macht, kann man dabei über alles Mögliche ins Gespräch kommen: über die Smartphone-Nutzung von Kindern und Jugendlichen, über Cyborgs und Pflegeroboter, über autonomes Fahren und digitales Drucken, über Fake News und Blockchain, über Augmented Reality und Künstliche Intelligenz.

Mit anderen Worten: Digitalisierung ist kein Thema, sondern ein Strauß von Themen. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass wir, wenn wir über Digitalisierung sprechen, immer auch die Vielfalt unseres Lebens abbilden und an sehr grundsätzliche Fragen unseres Menschseins rühren Eine Bildungsaufgabe in Zeiten der Digitalisierung weiterlesen

Way of the Future

Schon mal von „Way of the Future“ gehört? Nein – das ist keine neue Science-Fiction-Serie auf Netflix – „Way of the Future“ ist die erste bekannte Kirche des digitalen Zeitalters. Verehrt werden soll dort eine auf Künstlicher Intelligenz basierende Gottheit, wohlgemerkt eine Gottheit, die es heute noch nicht gibt.

Dahinter steht die Idee, dass Künstliche Intelligenz einmal mächtiger sein wird als menschliche Intelligenz – und dass sie dann über das Internet allgegenwärtig sein wird und unseren Alltag steuert. Eben wie ein Gott. Allmacht und Allgegenwart gelten ja als etwas Göttliches. Und mit so einem Gott stellt man sich am besten gleich mal gut. „Was wir wollen, ist die friedliche, gelassene Übergabe der Kontrolle über den Planeten.“, so Anthony Levandowski, der Papst von „Way of the Future“. Das klingt erstmal ganz cool und vernünftig.

Aber halt: Ist dieser so genannte Gott nicht nur von Menschen gemachte Technologie? Wer die Bibel kennt, wird hier nicht von einem Gott sprechen, sondern lediglich von einem Götzen. Götzen – das sind von Menschen erfundene Götter. Götzen sind so mächtig wie der Glaube an sie. Deswegen muss dieser Glaube geweckt werden, mit überwältigenden Bildern und Machtdemonstrationen, notfalls gar mit furchteinflößender Gewalt. Wo Götzen sind, wird es daher schnell totalitär. Glaube heißt dann Unterwerfung, Unglaube wird lebensgefährlich.

Hören Sie noch einmal Levandowski: „Wir glauben, dass es wichtig für die Maschinen sein wird, zu wissen, wer ihnen wohl gesonnen ist und wer nicht.“ Klingt so, als ob dieser „Way of the Future“ ein Weg in einen religiös überhöhten maschinellen Überwachungsstaat ist. Für mich ist das ein Irrweg.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 5.3.2018)

Surplus Humans

„Surplus Humans“ – dieses Wort geistert seit einiger Zeit durch das Silicon Valley. Gemeint sind Menschen, deren Arbeitskraft in Zukunft nicht mehr gebraucht wird. Roboter erledigen nämlich ihren Job. Klar wollen die, die mal eben locker-flockig von „Menschenüberschüssen“ reden, vor allem auf ein Problem aufmerksam machen: es kann sein, dass wir dank Digitalisierung auf eine neue Phase hoher Arbeitslosigkeit zusteuern.

Trotzdem schüttelt es mich bei dem Gedanken, dass es Menschen geben soll, die überflüssig sind. Nicht, dass dieser Gedanke neu wäre. Die Weltgeschichte lässt sich nicht ehrlich erzählen, ohne die Leichenberge voller Menschen zu erwähnen, die zu ihrer Zeit als überflüssig galten. Umso vorsichtiger sollte man mit Begriffen wie „Surplus Humans“ umgehen.

Ich glaube schlicht und ergreifend nicht, dass ein Mensch überflüssig ist. Weil ich glaube, dass jeder Mensch von Gott geschaffen ist – und wer wollte behaupten, Gott würde überflüssige Menschen schaffen? Nur ein Zyniker könnte das.

Wie wär’s also mit „humans with surplus“ – Menschen also, deren ganz eigener Wert bisher noch nicht erkannt ist? Wenn wir so weiterdenken, bin ich voll dabei, wenn es um die Zukunft von uns allen geht in einer digitalisierten Arbeitswelt.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 30.8.2017)