Way of the Future

Schon mal von „Way of the Future“ gehört? Nein – das ist keine neue Science-Fiction-Serie auf Netflix – „Way of the Future“ ist die erste bekannte Kirche des digitalen Zeitalters. Verehrt werden soll dort eine auf Künstlicher Intelligenz basierende Gottheit, wohlgemerkt eine Gottheit, die es heute noch nicht gibt.

Dahinter steht die Idee, dass Künstliche Intelligenz einmal mächtiger sein wird als menschliche Intelligenz – und dass sie dann über das Internet allgegenwärtig sein wird und unseren Alltag steuert. Eben wie ein Gott. Allmacht und Allgegenwart gelten ja als etwas Göttliches. Und mit so einem Gott stellt man sich am besten gleich mal gut. „Was wir wollen, ist die friedliche, gelassene Übergabe der Kontrolle über den Planeten.“, so Anthony Levandowski, der Papst von „Way of the Future“. Das klingt erstmal ganz cool und vernünftig.

Aber halt: Ist dieser so genannte Gott nicht nur von Menschen gemachte Technologie? Wer die Bibel kennt, wird hier nicht von einem Gott sprechen, sondern lediglich von einem Götzen. Götzen – das sind von Menschen erfundene Götter. Götzen sind so mächtig wie der Glaube an sie. Deswegen muss dieser Glaube geweckt werden, mit überwältigenden Bildern und Machtdemonstrationen, notfalls gar mit furchteinflößender Gewalt. Wo Götzen sind, wird es daher schnell totalitär. Glaube heißt dann Unterwerfung, Unglaube wird lebensgefährlich.

Hören Sie noch einmal Levandowski: „Wir glauben, dass es wichtig für die Maschinen sein wird, zu wissen, wer ihnen wohl gesonnen ist und wer nicht.“ Klingt so, als ob dieser „Way of the Future“ ein Weg in einen religiös überhöhten maschinellen Überwachungsstaat ist. Für mich ist das ein Irrweg.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 5.3.2018)

Hefeteig

„Ned gschimpft ist gelobt genug.“ Das höre ich öfters mal, wenn ich als Seelsorger in einem Betrieb mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen spreche.

Herr Krause, eine gestandene Führungskraft Ende 50 zum Beispiel. Der sagt: „Das ist halt so in unserer Firma und war früher noch viel schlimmer. Als ich noch jünger war, mussten wir unsere Kundenanschreiben immer bei meinem Chef vorlegen. Wenn da mal ein Blatt zurückkam, bei dem nichts mit rotem Stift durchgestrichen war, dann warst du echt stolz.“ Wie traurig, finde ich.

„Ned gschimpft ist gelobt genug.“ Das glaube ich nicht. „Ned gschimpft“ – das ist bei weitem nicht genug. Loben ist richtig wichtig. „Ein Lob wirkt wie Hefe. Es hilft anderen, sich zu entfalten.“ Das trifft es doch viel eher. So wie Hefe im Kühlregal für ein Zehnerl zu haben ist, ist Loben doch gar nicht so schwer: „Gefällt mir, wie du das gemacht hast.“, „Das hilft uns wirklich weiter.“, „Gute Idee. Weiter so.“

Und die Wirkung ist enorm. Wie oft habe ich es erlebt, dass Menschen auf einmal ein paar Zentimeter gewachsen sind, wenn man sie gelobt hat. Und dann sind sie mit neuer Power und Lust an die Arbeit gegangen.

„Ein Lob wirkt wie Hefe. Es hilft anderen, sich zu entfalten.“ Das ist mein kleiner Denkzettel für heute Abend – gerade für die Chefs mit gezückten Rotstiften.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 3.3.2018)

Dein Beruf

„Und was machst du so?“ Jeder kennt diese Frage. Ein Eisbrecher auf Parties, erstes Beschnuppern, unverfängliches Gesprächsthema. Nicht immer klappt das ja. „Pfarrer, aha.“ Gesprächsende. Aber wenn es klappt, ergeben sich interessante Begegnungen. Denn womit eine ihre Brötchen verdient, hat viel mit ihr zu tun. Mit ihren Interessen und Vorlieben, zumindest mit ihrem Lebensweg.

Beruf, Job, Arbeit – das heißt, was einer so macht für Geld. Dabei hat der Erfinder des Wortes „Beruf“ , Martin Luther, ursprünglich etwas anderes damit gemeint. Für Luther waren alle Menschen von Gott berufen, egal, ob sie nun einen Job für Geld hatten oder nicht. Diese Berufung ist in Luthers Ohren die Hintergrundmelodie, die sich durch alle Beziehungen zieht, in denen wir stehen und in denen wir gefordert sind. Denn das Wesentliche an uns Menschen ist, dass wir Beziehungswesen sind. So hat uns Gott erdacht und erfunden – mit dem Sinn und Zweck, dass wir in unseren Beziehungen dem jeweils Anderen mit unserem Wissen und Können zum Guten dienen.

Wenn Luther dich also fragen würde: „Was machst du so beruflich?“, dann würde er sich nicht damit zufrieden gegeben, wenn du ihm von deiner Arbeit erzählst. Er würde sich dafür interessieren, wie du mit deiner Familie zusammenlebst – oder auch was du in deiner Nachbarschaft, deinem Freundeskreis, deinem Verein, deiner Gemeinde tust. Er würde dich fragen, wie du überall deinen Mann, deine Frau stehst, was klappt und was hakt. Und er würde mit dir um den Segen Gottes bitten, damit dir all deine Aufgaben gut gelingen.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 9.9.2017)

Auf eine Zigarette

Ich stehe gerne in der Raucherecke meiner Firma. Nicht, weil ich selbst rauche oder den Geruch von Zigaretten genieße. Ganz im Gegenteil. Aber die Leute sind beim Rauchen so gesprächig und entspannt. Erst kürzlich hat mir einer das so erklärt:

„Wenn ich etwas geschafft habe, dann komme ich hier runter und gönne mir diese fünf Minuten Zigarettenpause. Da kriege ich den Kopf frei für die nächste Aufgabe – und ich treffe hier immer jemanden, mit dem ich kurz schwätzen kann.“

Es ist schon witzig. Betriebliche Gesundheitsmanager mühen sich heute, ihren Belegschaften zu vermitteln, wie gut und wichtig Pausen sind – einmal kurz entspannen, einmal kurz das Gehirn lüften, einmal kurz die Beine austreten. Raucher wissen das schon lange. Raucher, die sicher keine speziellen Freunde von Gesundheitsmanagern sind. Ich mag diese feine Ironie, die das Leben so schreibt.

Und denke dabei an den Prediger Salomo aus dem Alten Testament, bei dem zu lesen ist: „Ich bin zu der Erkenntnis gekommen: Das Beste, was der Mensch tun kann, ist, sich zu freuen und sein Leben zu genießen, solange er es hat. Wenn er aber zu essen und zu trinken hat und genießen kann, was er sich erarbeitet hat, dann verdankt er das der Güte Gottes.“

Also genießt das Leben, gönnt euch Pausen, ob nun mit – oder natürlich noch besser: ohne Zigarette.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 7.9.2017)

LobFreudeDank-Ordner

Da läuft mal wieder der Rechner nicht, wie er soll, der Kollege am Nebentisch erreicht das Gute-Laune-Niveau eines Stinkmorchels, die Chefin verteilt Arbeit, als ob es kein Morgen gäbe, und der Kunde, den man gerade am Hörer hat, wird so laut und deutlich, dass man einen Sicherheitsabstand zwischen Ohr und Ohrmuschel hält. Zum Davonlaufen!

Natürlich gibt es nicht nur solche Tage. Aber Hand aufs Herz: was prägt sich bei dir eher ein – die entspannten oder hektischen Phasen, schöne oder blöde Momente am Arbeitsplatz? Solltest du zu den Glücklichen zählen, die sich nur an die super Tage erinnern, dann kannst du getrost ab jetzt weghorchen. Für alle anderen habe ich einen kleinen Tipp gegen das Vergessen. Denn auch ihr habt schon Gutes auf der Arbeit erlebt.

Um mich genau an dieses Gute zu erinnern, habe ich mir nämlich einen eMail-Ordner angelegt. Der heißt „Mein LobFreudeDank-Ordner“. Mails, in denen mir etwas Nettes geschrieben wurde, lösche ich nicht. Ich hebe sie in diesem Ordner auf. Und wenn mal wieder einer dieser Tage zum Davonlaufen ist – oder auch einfach dann, wenn mir grad danach ist – schaue ich in diesen Ordner. Und dann sind sie wieder da – die schönen Momente. Wenn da ein „Danke“ kommt. Wenn einer schreibt: „Das hat mir weitergeholfen.“ Wenn da steht: „Super, dass wir das zusammen lösen konnten.“ Das fühlt sich auch beim zweiten oder dritten Lesen gut an. Deswegen meine Empfehlung: Solche Mails unbedingt aufheben. Und auch selber schreiben und verschicken.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 3.9.2017)

Surplus Humans

„Surplus Humans“ – dieses Wort geistert seit einiger Zeit durch das Silicon Valley. Gemeint sind Menschen, deren Arbeitskraft in Zukunft nicht mehr gebraucht wird. Roboter erledigen nämlich ihren Job. Klar wollen die, die mal eben locker-flockig von „Menschenüberschüssen“ reden, vor allem auf ein Problem aufmerksam machen: es kann sein, dass wir dank Digitalisierung auf eine neue Phase hoher Arbeitslosigkeit zusteuern.

Trotzdem schüttelt es mich bei dem Gedanken, dass es Menschen geben soll, die überflüssig sind. Nicht, dass dieser Gedanke neu wäre. Die Weltgeschichte lässt sich nicht ehrlich erzählen, ohne die Leichenberge voller Menschen zu erwähnen, die zu ihrer Zeit als überflüssig galten. Umso vorsichtiger sollte man mit Begriffen wie „Surplus Humans“ umgehen.

Ich glaube schlicht und ergreifend nicht, dass ein Mensch überflüssig ist. Weil ich glaube, dass jeder Mensch von Gott geschaffen ist – und wer wollte behaupten, Gott würde überflüssige Menschen schaffen? Nur ein Zyniker könnte das.

Wie wär’s also mit „humans with surplus“ – Menschen also, deren ganz eigener Wert bisher noch nicht erkannt ist? Wenn wir so weiterdenken, bin ich voll dabei, wenn es um die Zukunft von uns allen geht in einer digitalisierten Arbeitswelt.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 30.8.2017)

Mahlzeit

„Mahlzeit“. Wenn ich mittags durch das Unternehmen gehe, in dem ich arbeite, höre ich es in allen Gängen. Nicht „Servus“, „Hallo“, „Grüß dich“, sondern „Mahlzeit“. So, als ob alle, die mittags unterwegs sind, auf dem Weg in die Kantine wären. Schnell noch ein freundliches „Mahlzeit“ zugerufen, damit es auch gut schmeckt. Ist doch so, oder? Oder ist das nicht doch, tja, eigentümlich? Wirkt so ein bisschen ferngesteuert, wenn alle ab halb zwölf von „Hallo“ auf „Mahlzeit“ umschalten.

Warum grüßt man sich eigentlich so um die Mittagszeit? Das jedenfalls fragten sich ein paar meiner Kollegen und wurden bei Wikipedia fündig, wo folgendes steht: „ „Mahlzeit“ wird vor allem in westlichen Bereichen Deutschlands sowie in Österreich zur Mittagszeit häufig als knapper Gruß benutzt. Der Ursprung dieses Brauches ist eine Kurzform des früher verbreiteten Grußes „Gesegnete Mahlzeit!“.“

„Gesegnete Mahlzeit!“ Da waren sie dann doch ein wenig verwundert. Dass man da vielleicht – irgendwie – einen, wenn auch verschluckten, Segen mitspricht. Oder umgekehrt: Man spricht den Segen eben nicht mehr mit, weil – ja, warum eigentlich? Weil es nicht mehr in unsere Zeit passt? Schade eigentlich. Wenn man sich „Gesegnete Mahlzeit“ wünscht, geht’s beim Essen um mehr als nur ums Sattwerden. Im Wort „Segen“ steckt auch ein „gar nicht selbstverständlich“, ein „Was, für mich?“, ein „GottseiDank“ drin.

Sie können sich vorstellen, dass ich selbst seither ab halb zwölf „Mahlzeit“ etwas anders sage.