Wolkige Aussichten

Andacht für die „Halbzeit“ des kda Bayern am 22.07.2020

Haben Sie als Kind auch gerne mal in die Wolken geschaut? Vielleicht auf der Wiese hinterm Haus liegend, dabei einen Grashalm im Mund. Oder am Spielplatz um die Ecke auf der Schaukel hin und her schwingend, den Flugwind in den Haaren. Oder auf dem heimischen Balkon, über die Brüstung gelehnt, den Blick über die Dächer in die Ferne gerichtet.

Wolken bieten ein Schauspiel, das zugleich abwechslungsreich und entspannend sein kann, das zu Fantasie anregt und die Gedanken schweifen lässt. Was habe ich nicht alles schon mit meinem Kopf in den Wolken gesehen? Schlösser und Drachen, Zwerge und Elefanten, Blumen und Broccoli.

Doch nicht nur Kinder lieben Wolken. Heutzutage liege ich gerne mal unter meinem Dachfenster und siehe den Wolken zu, wie sie an mir vorüberziehen und erlebe dabei, wie meine Gedanken mit den Wolken sich neu formen, vorbeiziehen und dabei leicht werden.

Kommt her zu mir

Andacht für den Newsletter des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer (AEU) zum Wochenspruch des 2.Sonntags nach Trinitatis: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.“ (Mt 11,28)

Dieses Jesus-Wort aus dem Matthäusevangelium ist mir eins der Liebsten. Es verbindet sich in meinem Herzen mit dem 23.Psalm: „Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele.“ Und es verweist mich auf das Geschehen, in dem ich dieses Erquicken Mahl um Mahl erwarte, erhoffe und erbitte, so wie es angekündigt wird: „Nun kommt herzu, es ist alles bereit. Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist.“

„…dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.“

Andacht zu 1 Kor 13,12 gehalten am Ende der Online-Tagung „Gläserne Mitarbeiter? Transparenz und Datenschutz in Zeiten von Corona“ am 27.Mai 2020

Hätten wir uns, wie geplant, für zwei Tage in Tutzing getroffen, dann hätten wir dieses Wort des Apostel Paulus aus dem 1.Korintherbrief in der kleinen Kapelle der evangelischen Akademie am Starnberger See gehört. Jetzt hören wir es verbunden über Kupfer- und Glasfaserleitungen, über Server und Serverknoten. Hören nur wir es oder hört jemand mit? Und wenn ja, stört es uns eigentlich? Geben wir etwas preis und wenn ja, was geben wir preis, wenn wir solche Worte doch nur hören? „…dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.“

Der Gesalbte Gottes

Andacht für den Newsletter des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer (AEU) zu Markus 14,3-9 am Palmsonntag 2020

Diese Geschichte irritiert, nicht nur in Zeiten, in denen Berührungen tabu sind, weil sie lebensgefährlich sein können. Die Irritation wird thematisiert: „Was soll diese Vergeudung des Salböls? Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben.“ Ist Jesus nicht dazu da, die Not in der Welt zu lindern: die Hungrigen zu speisen, den Dürstenden zu trinken zu geben, die Fremden aufzunehmen, die Nackten zu kleiden, die Gefangenen und Kranken zu besuchen? Und wir, sind wir nicht in seiner Nachfolge zu selbigem berufen? In unsere Zeiten übersetzt: zuhause zu bleiben, um die zu schützen, die gefährdet sind, und für die einzukaufen, die zu einer Covid-Risikogruppe zählen?

Fast schon beängstigend lapidar erscheint da Jesu Kommentar: „Ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.“ Wenn ihr wollt? Nicht, weil ihr sollt? Ich lese weiter: „Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis.“ Sie, die unbenannte Frau aus Bethanien. Ihr Tun entspricht laut Jesus dem Evangelium, denn sie deutet Jesu Gegenwart und Jesu Tod, wie sie als Evangelium gepredigt werden. Als Gesalbter ist Jesus gekommen, als Gesalbter wird er sterben, als Gesalbter (und nur als Gesalbter) wird er über seinen Tod hinaus gegenwärtig bleiben. Denn als Gesalbter verkörpert Jesus Gottes Gegenwart. Nicht 300 Silbergroschen stehen auf dem Spiel, sondern das: „Mich habt ihr nicht allezeit.“ Aber wir haben eben das „Gedächtnis (dessen), was sie getan hat.“

Dieses Gedächtnis der Gegenwart Gottes im Gesalbten hat über Jahrhunderte durch Kriege, Hungersnöte und Plagen getragen. Gebete und Gesangbuchlieder, angereichert durch die Lebens- und Leiderfahrung von Generationen von Christinnen und Christen, erinnern uns an die Tragfähigkeit dieses Gedächtnisses. Ja, wir haben Arme allezeit unter uns, genauso wie Kranke, Sterbende, Hungernde, Gefangene, Fremde und Nackte. Aber wir haben eben auch ihn, den Gesalbten Gottes. Gott sei Dank. Amen.

Vom Menschen reden in digitalen Zeiten

Reisesegen auf der Rüstzeit des AEU in Arnoldshain am 7.3.2020

Geliebte AEU-Mitglieder,

was macht uns Menschen eigentlich aus? Mit dieser Frage bin ich aus dem gestrigen Tag heraus gegangen, einfach, weil ich denke, dass, wenn wir auf diese Frage Antworten geben, dies uns vielleicht helfen könnte, eine Haltung zu finden oder unsere bereits vorhandene Haltung zu den Phänomenen der Digitalisierung besser zu verstehen.

So habe ich ja die doppelte Einladung zur Diskussion mit Paul Melot de Beauregard und Herrn Bulander verstanden, eine Einladung dazu, sich zur Digitalisierung zu ver-halten.

Wenn theologisch davon gesprochen wird, was einen Menschen ausmacht, dann blicken wir auf den Menschen vor Gott. 

Wie könnte dieser Blick nun hilfreich sein? Dazu möchte ich ein paar Thesen und Gedanken mit Euch und Ihnen teilen.

Wider die Furcht

Liebe AEU-Gemeinde,

„wenn die Leute sagen: Friede, Sicherheit!, dann wird urplötzlich das Verderben über sie kommen wie die Wehen über eine schwangere Frau. Und es wird kein Entrinnen geben.“ Denken Sie bei diesen Worten des Paulus eher an das Coronavirus oder an „den Tag des Herrn“? 

Wie die Gemeinde in Thessalonich steckt den Menschen die Furcht in den Gliedern angesichts von zur Unzeit Verstorbenen. Doch ist die Situation eine völlig andere als unsere aktuell. Und es stellt sich die Frage, ob und was uns dieser Unterschied zu sagen imstande ist.

…weil sich eure Erlösung naht

Geliebte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der vbw,

„wir arbeiten gerade so, als ob zum Jahresende die Welt untergehen würde.“ So oder so ähnlich höre ich es gerade wieder von vielen in und aus den Betrieben Bayerns.

Natürlich rechnen die, die das so sagen, fest damit, dass auch im Jahr 2020 unsere Welt noch steht. Nur daher macht auch dieser Spruch Sinn. Denn er soll ja den ganzen Irrsinn versinnbildlichen, in dem man vor Weihnachten so drinsteckt. 

G wie Gemeinschaft, G wie Gnade

Geliebte Gemeinde,

 „Gemeinschaft 4.0 – was bringt uns heute zusammen?“ Ich erinnere mich daran, dass wir dieses Jahresmotto für 2019 im Leitungskreis gewählt haben, weil uns Gemeinschaft in Zeiten der beschleunigten Digitalisierung mindestens im Wandel, vielleicht sogar auf eine besonders problematische Art und Weise brüchig erschien.

Von unseren Referent*innen haben wir einiges gehört, wie und wo Gemeinschaft durch digitale Tools und Prozesse bedroht oder brüchig ist.

Das Gegenteil von Armut

Andacht gehalten über Sprüche 14,34 auf dem Sozialpolitischen Buß- und Bettag am 20.11.2019 in der Evangeliumskirche München

Geliebte Schwestern und Brüder,

sehr geehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer,

„das Gegenteil von Armut ist nicht Reichtum; das Gegenteil von Armut ist Gerechtigkeit.“

Den ich hier zitiere, der schafft in einem anderen Land öffentliches Bewusstsein für Menschen am Rande. Bryan Stevenson arbeitet seit vielen Jahrzehnten in den USA als Strafverteidiger in Gerichtsverfahren, in denen die Anklage die Todesstrafe fordert. 

In der Regel begleitet er dabei Mandanten, zum Teil auch Minderjährige, die in ärmliche Verhältnisse geboren wurden, die in ihrem Leben traumatisiert wurden, die Gewalt, Rassismus, Hunger, Obdachlosigkeit oder Missbrauch erlebt haben.

Sein Einsatz für diese Menschen besteht insbesondere darin, ihre Stimmen hörbar zu machen, ihnen ein Gesicht zu geben, ihre Lebensgeschichten in die Waagschale zu werfen und natürlich dabei immer wieder die Frage aufzuwerfen, ob die Todesstrafe überhaupt für irgendeinen seiner Mandanten ein gerechtes Urteil sein kann.

Ich war diesen Sommer vor Ort in Alabama, dort, wo Bryan Stevensons Organisation beheimatet ist. Dabei ist mir eines noch einmal sehr deutlich geworden: Menschen, die am gesellschaftlichen Rande stehen, die werfen nur durch ihre Präsenz die Frage für eine Gesellschaft auf, was da als gerecht gilt. Diese Frage birgt in der Regel Sprengstoff. Sie fordert nämlich auf, da hinzuschauen, wo es unangenehm und hässlich wird, wo die dunklen, die geradezu dämonischen Seiten eines gesellschaftlichen Konsenses schlummern, da, wo gutes Leben einfach nicht mehr möglich ist, auch weil es verunmöglicht wird.

Es ist schwer und unangenehm, mühselig und traurig, sich mit diesen Seiten zu befassen. Und daher neigen diejenigen, die nicht am Rande stehen, dazu, jene Menschen, die diese Seite durch ihre schiere Präsenz ans Licht bringen, in irgendeiner Weise zum Verschwinden zu bringen. In den USA geschieht dies auch, indem man sie nach geltendem Recht und Gesetz tötet.

So was von verlassen?

Predigt am vorletzten So. im Kirchenjahr in der Friedenskirche Dachau zu Hiob 14

Geliebte Schwestern und Brüder,

der da spricht, dessen Geschichte ist den meisten von uns zumindest in groben Zügen vertraut. Es ist Hiob, von dem es gleich zu Beginn seiner Geschichte im nach ihm benannten Buch der Bibel heißt: „Der war fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und mied das Böse.“

Ein Mann wie aus dem Bilderbuch der Gerechten und Gottesfürchtigen, Vorbild in jeder Hinsicht und daher auch – folgerichtig – von Gott reich gesegnet. Sieben Töchter und sieben Söhne waren ihm geschenkt – symbolträchtig all das, weil ja die Sieben als heilige Zahl galt. Tausende von Schafen, Kamelen, Rindern und Eselinnen – und damit, was man so an Nutztieren besitzen kann, nannte er sein eigen; dazu „sehr viel Gesinde“, d.h. Knechte und Mägde, die sich um all das kümmerten. Kein Wunder, dass es von Hiob weiter heißt: „Er war reicher als alle, die im Osten wohnten“.

Und dieser reiche Mann gerät unter die Räder, verliert alles, wirklich alles, Familie und Besitz; allein das nackte Leben bleibt ihm. Das ist die Geschichte, in der wir uns vorfinden: einer, den das Glück sowas von verlassen hat – oder eben: den Gott verlassen hat.

Zurück bleiben Fragen, vielleicht sogar die eine wesentliche: Warum? Warum ist das geschehen? Wer hat Schuld daran?