Der Gesalbte Gottes

Andacht für den Newsletter des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer (AEU) zu Markus 14,3-9 am Palmsonntag 2020

Diese Geschichte irritiert, nicht nur in Zeiten, in denen Berührungen tabu sind, weil sie lebensgefährlich sein können. Die Irritation wird thematisiert: „Was soll diese Vergeudung des Salböls? Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben.“ Ist Jesus nicht dazu da, die Not in der Welt zu lindern: die Hungrigen zu speisen, den Dürstenden zu trinken zu geben, die Fremden aufzunehmen, die Nackten zu kleiden, die Gefangenen und Kranken zu besuchen? Und wir, sind wir nicht in seiner Nachfolge zu selbigem berufen? In unsere Zeiten übersetzt: zuhause zu bleiben, um die zu schützen, die gefährdet sind, und für die einzukaufen, die zu einer Covid-Risikogruppe zählen?

Fast schon beängstigend lapidar erscheint da Jesu Kommentar: „Ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.“ Wenn ihr wollt? Nicht, weil ihr sollt? Ich lese weiter: „Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis.“ Sie, die unbenannte Frau aus Bethanien. Ihr Tun entspricht laut Jesus dem Evangelium, denn sie deutet Jesu Gegenwart und Jesu Tod, wie sie als Evangelium gepredigt werden. Als Gesalbter ist Jesus gekommen, als Gesalbter wird er sterben, als Gesalbter (und nur als Gesalbter) wird er über seinen Tod hinaus gegenwärtig bleiben. Denn als Gesalbter verkörpert Jesus Gottes Gegenwart. Nicht 300 Silbergroschen stehen auf dem Spiel, sondern das: „Mich habt ihr nicht allezeit.“ Aber wir haben eben das „Gedächtnis (dessen), was sie getan hat.“

Dieses Gedächtnis der Gegenwart Gottes im Gesalbten hat über Jahrhunderte durch Kriege, Hungersnöte und Plagen getragen. Gebete und Gesangbuchlieder, angereichert durch die Lebens- und Leiderfahrung von Generationen von Christinnen und Christen, erinnern uns an die Tragfähigkeit dieses Gedächtnisses. Ja, wir haben Arme allezeit unter uns, genauso wie Kranke, Sterbende, Hungernde, Gefangene, Fremde und Nackte. Aber wir haben eben auch ihn, den Gesalbten Gottes. Gott sei Dank. Amen.

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