Im Arbeitsalltag fällt schnell mal ein Wort, das verletzt. Oder eine eMail trifft nicht den richtigen Ton, sondern trifft. Der Flurfunk ist in einer solchen Situation ein schlechter Ersatz für ein notwendiges offenes, klärendes Wort unter vier Augen. Im Gegenteil. Er wirkt oft als Verstärker für Konflikte zwischen Einzelnen, indem er zusätzliche Mißverständnisse schafft und aus Mücken Elefanten macht. Jeder, der einmal Stille Post gespielt hat, kennt das Problem.
Das ist bedauerlich. Denn so verhärten sich Fronten, der Work Flow wird stark gestört, der Spaß an der Arbeit ist merklich eingeschränkt. Wo Mißtrauen und Mißgunst herrschen, kann man keine positiven Impulse für das Unternehmen erwarten. Schade, wenn aus solchem Grund brach liegt, was Menschen eigentlich miteinander leisten könnten.
Wie also dem begegnen?
Im Matthäusevangelium (Kapitel 18) beschreibt Jesus einen sehr pragmatischen Weg, wie in der Gemeinde Konflikte ausgeräumt werden mögen. Es ist ein mehrstufiges (De)Eskalationsmodell:
Sündigt aber dein Bruder an dir, so geh hin und weise ihn zurecht zwischen dir und ihm allein. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen.
Hört er nicht auf dich, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit jede Sache durch den Mund von zwei oder drei Zeugen bestätigt werde.
Hört er auf die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide und Zöllner.
Ein Ansatz, um über Deeskalation im Unternehmen nachzudenken?
Stufe 1 und 2 lassen sich relativ leicht in den betrieblichen Alltag übertragen. Ein Gespräch unter vier Augen ist als erster Schritt sicherlich die beste Wahl. Und sollte dies nicht zur Lösung führen, dürfte als zweiter sinnvoller Schritt ein Austausch unter den Augen und Ohren einer dritten oder vierten Person sein, der man zutraut, dem Konflikt objektiv und lösungsorientiert zu begegnen – und Wege der Klärung aufzeigt. Das kann der Vorgesetzte oder eine andere kompetente Führungskraft genauso sein wie ein Kollege oder Betriebsrat, der von beiden Parteien anerkannt ist.
Aber wie sieht es mit Stufe 3 aus. Wer ist das Äquivalent für „die Gemeinde“? Das Team, die Abteilung, das Unternehmen? Vermutlich hängt dies von der durch den Konflikt konkret betroffenen Einheit ab. Und was heißt: er sei für dich wie ein Heide oder Zöllner?
Im Unternehmen kann dies vermutlich nur bedeuten, dass die Streithähne getrennte Wege gehen – und wenn klar ist, wer der Verursacher des Konfliktes ist, dann ist es fairerweise an ihm, die betroffene Einheit zu verlassen, wenn er nicht bereit ist, Wege der Konfliktlösung zu beschreiten.
Wir sind hier aber an einem heiklen Punkt. In der Praxis sind solche Trennungen oft schwer zu vollziehen. Dazu braucht es neben der Bereitschaft eines oder beider Streithähne, das Feld zu räumen, auch Führungskräfte, die die richtigen Anstöße geben – mit dem entsprechenden Fingerspitzengefühl, aber auch der notwendigen Klarheit. Keine einfache Aufgabe.
Und oft genug ist die Lage nicht so eindeutig. Wenn Konflikte eskalieren, sind längst beide Parteien aneinander schuldig geworden. Und dann lässt es sich eben nicht mehr eindeutig aufklären und einseitig zuweisen.
Umso wichtiger ist es, so schnell wie möglich das klärende Gespräch zu führen – und nicht den Flurfunk einzuschalten.