Ich bin kein Bayern-Fan – das vorneweg. Und zwar genau wegen der Schattenseite der FCB-Unternehmenskultur, die sich auch dieser Tage im Aufsichtsrat kundgetan hat.
„Mia san mia“- so kann man die FCB-Unternehmenskultur zusammenfassen. Und wie so vieles hat sie ihre zwei Seiten. Die positive Variante dieser Haltung hat in den letzten Jahren eine Mannschaft entstehen lassen, die dieses Jahr zum dritten Mal um die europäische Fußballkrone spielt. Es ist eine sympathische Mannschaft, die sympathischste FCB-Mannschaft, an die ich mich erinnern kann. Dass das „Mia san mia“-Gefühl auf dem Platz zum Erfolg führt, wenn sich tendenziell egoistisch ausgeprägte Spielertypen wie ein Arjen Robben in den Dienst der Mannschaft stellen, zeugt von der positiven Kraft dieser Unternehmenskultur.
Es gibt jedoch diese große Schattenseite der „Mia san mia“-Mentalität. Diese ist im Beschluss des Aufsichtsrates am Montag zu Tage getreten. „Mia san mia“ kann eben auch heißen: Was für andere gilt, gilt noch lange nicht für uns. Denn „Mia san der FCB“ – und damit etwas Besseres, etwas, was über Recht und Gesetz, über Verhaltenskodizes steht, die eine große Gesellschaft ausgehandelt hat, deren Teil das kleine Unternehmen FCB ist.
Die Tragödie der Privatperson Uli Hoeneß, der diese Mentalität mitgeprägt hat, erhält dadurch eine neue Dimension. Sie wird zur Krise des Unternehmens FCB und seiner Unternehmenskultur. Die Frage stellt sich nun, wie lange ein Unternehmen dauerhaft erfolgreich sein kann, dass sich aufgrund seiner Unternehmenskultur nicht als Teil der Gesellschaft begreift, in der es sich bewegt, sondern als etwas Eigenes, Anderes.
Ob und wie Fußball-Deutschland am 25.Mai jubeln wird, wenn der FCB die Champions League gewinnt, wird schon einmal eine erste Antwort auf diese Frage sein. Sollte der Jubel deutlich verhaltener als erwartet ausfallen, tut es mir Leid um die sympathische Mannschaft des FCB.
Vielleicht ist es jedoch der notwendige Anstoß, den es zur Veränderung braucht. Und Veränderung bedeutet vermutlich, sich vom für viele guten Patriarchen Uli Hoeneß und seiner Mentalität zu lösen, die nicht mehr in eine Zeit passt, die niemandem, auch den Großkopferten und Mildtätigen, einen Persilschein für Fehlverhalten ausstellt.
Mir scheint, dass es Uli Hoeneß dabei so geht wie vielen Patriarchen vor ihm, die unternehmerische Aufbauarbeit geleistet haben und sich um „ihre Leute“ gekümmert haben. Indem Hoeneß verkennt, dass seine Zeit gekommen ist, schadet er seinem Unternehmen, seiner Mannschaft – die eben nicht seine ist.
„Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren. Der HERR hat’s gegeben, der HERR hat’s genommen; der Name des HERRN sei gelobt!“ (Hiob 1,21) So sagt’s Hiob, als ihm Gott alles nahm, was er doch aufgebaut hatte – wohlgemerkt unverschuldet.
„Mia san mia“ kann nur jemand sagen, der glaubt, er hat, was er hat, aus eigenen Stücken und eigener Leistung. Das Buch Hiob erzählt eine andere Geschichte, eine Geschichte von Segen und Fluch und der Frage, wie und warum man zum Einen und zum Anderen gelangt. Am Ende bleibt die Beantwortung dieser Frage bei Gott aufgehoben. Als Hiob dies nach vielen leidvollen Tagen und unfruchtbaren Diskussionen mit seinen Freunden begreift und Gott die Ehre gibt, kann er sein Leben weiter leben. Und der Segen kehrt erstaunlicherweise zurück.
Ob diese Geschichte Uli Hoeneß und dem FCB weiter hilft in diesen Tagen? Ich glaube zumindest, sie kann Gedankenanstöße geben, wenn ein Patriarch seinen in der Regel schmerzhaften Abschied von seinem Lebenswerk vorbereitet und anderen Platz macht. Dazu braucht es Mut. Diesen Mut wünsche ich Uli Hoeneß und dem FCB – auch als Nicht-Bayern-Fan.