Und es fehlt ja wirklich einiges, wenn wir nicht mehr singen. Nicht nur, dass das Singen eine Form ist, die Seele zu erheben, dem eine Stimme und einen Ton zu geben, was einen bewegt und berührt und damit die eigene Lebendigkeit zu erleben, die einem als Geschöpf Gottes gegeben ist.
Nein, auch dass dieses Singen in Gemeinschaft erfolgt, hat seine Logik. In Gemeinschaft gewinnt der Gesang an Kraft, gemeinsames Singen ist ein Hören aufeinander. Und dies entspricht doch einem Christenleben, das im Wechsel von Hören und Sprechen sich das aneignet, ja, einverleibt, was wir so verkürzt Gottes Wort nennen.
Und schließlich übergreift unser Singen eine Gemeinschaft, die weit über unseren sichtbaren Horizont hinausgeht. Wie heißt es doch vor dem Sanctus im Abendmahl? „Dich preisen die Kräfte des Himmels mit einhelligem Jubel. Mit ihnen vereinen auch wir unsere Stimmen und lobsingen ohne Ende…“ Die auf Erden sichtbare und die im Himmel unsichtbare Kirche sind im Gesang verbunden. Das kann man denken und ansprechen – aber viel schöner und nachhaltiger ist es, dies zu erleben im gemeinsamen Gesang.
Wenn wir nicht mehr miteinander singen, geliebte Gemeinde, dann fehlt ein elementares Stück unserer christlichen Existenz. Daher habe ich mir heute etwas überlegt, wie wir die Technik, die uns das gemeinsame Singen verunmöglicht, überlisten können. Sie werden gleich eine Seite von mir eingeblendet bekommen mit einem hoffentlich Ihnen bekannten Abendlied. Und sie werden einen Chor hören. Ich lade Sie ein, in diesen Chor einzustimmen. Wenn wir das gemeinsam tun und dabei unseren Ton auf stumm schalten, dann hören wir zwar nicht einander. Aber wir singen in Gemeinschaft, miteinander und den himmlischen Chören. Amen.
(Andacht gehalten bei der regionalen Arbeitsgruppe des AEU München/Bayern am 12.10.2020)