Nachhaltiges Lob

Psalm 8

HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, der du zeigst deine Hoheit am Himmel!

Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen, dass du vertilgest den Feind und den Rachgierigen.

Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?

Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.

Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan: Schafe und Rinder allzumal, dazu auch die wilden Tiere, die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und alles, was die Meere durchzieht.

HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!

 

Liebe AEU-Mitglieder, liebe Gäste,

„Am Anfang waren Himmel und Erde. Den ganzen Rest haben wir gemacht.“

Natürlich bleibt da ein Pfarrer stehen, wenn auf einem Plakat solch ein Spruch prangt. Immerhin zitiert ja die Kampagne der Handwerkskammer den Anfang des Buches der Bücher und den Anfang der Schöpfung der Welt, wie es dieses Buch erzählt – natürlich mit einer etwas eigenwilligen Interpretation und auch Zitierweise. Denn am Anfang waren nicht einfach Himmel und Erde, sondern da heißt es: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Ross und Reiter werden beim Namen genannt.

Das macht schon einen gewaltigen Unterschied, der auch in den Nachhaltigkeitsdebatten, die wir so führen, eine Rolle spielt: Ob wir von „der Natur“ sprechen oder „der Schöpfung“, ob wir uns hineingeworfen erleben in ökologische Zusammenhänge, die wir beeinflussen und doch nicht wirklich begreifen, oder ob wir einen Schöpferwillen hinter allem sehen und suchen, nicht nur „ganz am Anfang, wo Himmel und Erde waren“, sondern auch im Hier und Jetzt, in unserem Leben – und ob wir dann auch nach diesem Schöpferwillen fragen in allem, was wir tun.

Diese mangelnde Unterscheidung, die daraus resultiert, das sich aus Versatzstücken der  biblischen Tradition bedient wird, ohne dabei den beim Namen zu nennen, um den es in dieser Tradition geht, die birgt nicht nur eine bedenkliche inhaltliche Schieflage im Verhältnis zu den Geschöpfen um uns.

Sie birgt auch eine fragwürdige Schieflage in unserem Verhältnis zu uns als Menschen. Auch das wurde mir deutlich durch einen weiteren Kampagnenspruch der Handwerkskammer, der da heißt:

„Wir setzen auf nachwachsende Ressourcen: Azubis.“

Wir haben uns daran gewöhnt, von Mitarbeitern als menschliche Ressourcen zu sprechen. Und wir nehmen es als selbstverständlich hin, dass diese nachwachsen, um die anfallende Arbeit zu erledigen. Natürlich sagen wir das oft netter und würdevoller.  Aber – und da strahlt der Kampagnenspruch in seiner Knappheit auch eine aufrichtige Ehrlichkeit aus – am Ende ist es dann doch so gemeint.

Um eine andere Rede und damit auch eine andere Wahrnehmung vom Menschen im Unternehmen einzuführen, behilft sich die Unternehmerdenkschrift der Evangelischen Kirche mit der kantschen Unterscheidung von Würde und Wert. Menschen seien nicht reines Mittel zum Zweck, sondern als Geschöpfe Gottes „Zweck an sich“. Diese Unterscheidung zwischen Würde und Wert – man könnte sie auch als Unterscheidung zwischen Person und Funktion bezeichnen – beschreibt ein Spannungsverhältnis, das jeder, der arbeitet, kennt.

Aber ist damit schon eingefangen, was der Beter des achten Psalms über den Menschen zum Ausdruck bringt?

Was zunächst ins Auge fällt, ist, dass auch der achte Psalm die Schöpfungsgeschichte zitiert, die Werke Gottes benennt und auch den Schöpfungsauftrag, den der Mensch empfangen hat für die Lebewesen auf der Erde.

Auf diesen Schöpfungsauftrag fokussiert sich die kirchliche Nachhaltigkeitsdiskussion, die Frage, was es heißt, verantwortungsvoll die Erde sich untertan zu machen und über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht, zu herrschen.

Diese besondere Verantwortung und Größe des Menschen ist auch immer wieder in der christlichen Tradition festgehalten. Jedoch wurde dabei nicht vergessen, was heute auch in den christlichen Nachhaltigkeitsdiskussionen unter den Tisch zu fallen droht: Dass diese Größe des Menschen eine geschenkte, eine verliehene ist. Um nur einen zu zitieren, der dies so schön wie kaum ein anderer auszudrücken wusste, den griechischen Griechenvater Gregor von Nyssa:

„Die Schrift sagt: „Achte auf dich selbst!“…Achte darauf, wie hoch über die übrige Schöpfung dich der Schöpfer ehrte! Nicht der Himmel wurde ein Bild Gottes, nicht Mond und nicht Sonne, nicht die Pracht der Sterne oder sonst etwas in der Welt Sichtbares. Du allein wurdest zum Abbild des alle Vernunft übersteigenden Wesens, Gleichnis der unvergänglichen Schönheit, Nachgestaltung der wahrhaftigen Gottheit, Gefäß des seligen Lebens, Ausprägung des wahren Lichtes, auf das schauend du wirst, was jenes ist, dessen Einstrahlung in dich du durch Zurückstrahlen aus deiner eigenen Reinheit nachahmst.“

Die Nachhaltigkeit des menschlichen Auftrages liegt nicht in erster Linie darin, die Erde zu erhalten, sondern in seinem Reden und Tun Gottes schöpferisches Tun zu reflektieren. Jeder Mensch ist berufen, ein Spiegel göttlichen Wirkens zu sein. Jeder Mensch, auch der Azubi an seinem Arbeitsplatz, der eben so viel mehr ist als eine nachwachsende Ressource. Haben wir das im Blick?

Und haben wir im Blick, dass diese Art Nachhaltigkeit, die im Schöpfungsauftrag des Menschen liegt, viel mehr ist als das, was wir von uns und anderen abverlangen, wenn wir Müll trennen und aufs Autofahren verzichten – und zugleich viel weniger?

Es ist mehr, da es uns einordnet in eine viel größere Geschichte, dessen Alpha und Omega, dessen A und O nicht wir sind. Nicht wir haben den Anfang gesetzt und wir werden auch nicht das Ende setzen.

Und es ist deswegen auch viel weniger, weil es uns die Last von der Schulter nimmt, für das große Ganze verantwortlich zu sein. Wir können das nicht.

Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst,und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?

Der Beter des achten Psalms weiß um diese Art der Nachhaltigkeit, die zugleich mehr und weniger ist als wir gemeinhin als nachhaltig praktizieren.

Er weiß auch um die erstaunliche Nachhaltigkeit, mit der sich Gott dem Menschen zuwendet, jedem Menschen. Und er weiß auch die rechte Antwort auf dieses nachhaltige Handeln Gottes. Sein Psalm ist ein einziger Lobpreis: HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!

So beginnt und endet der achte Psalm, als ob er uns sagen will: Das A und O menschlichen Tuns und damit das Nachhaltigste, was wir auf Erden tun können, ist, Gott zu loben.  Amen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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