Was hatte sie nicht schon alles mit ihrem Mann mitgemacht?
Mit 65 Jahren, als rüstige Rentnerin hatte sie ihre Heimat in Chaldäa verlassen, kam dann als Wirtschaftsflüchtling mit ihrer Familie nach Ägypten. Verraten und verkauft wurde sie dort von ihrem Mann. Der wehrte sich nicht, als der Pharao sie in ihren Harem aufnahm. Vielmehr gab er sich als ihren Bruder aus, aus Angst, er würde sonst aus dem Weg geräumt werden. Und dann profitierte er auch noch von diesem Schwindel. Der Pharao, angetan von Saras Anmut, überschüttete Abraham mit Reichtümern, aber glücklich wurden sie am Ende nicht. Der Schwindel flog auf und so wurden sie des Landes verwiesen.
Und dann war da noch die Geschichte mit Hagar, ihrer Magd. Sie selbst hatte ja die Idee: Abraham solle es doch mit ihr versuchen, nachdem Sara nicht schwanger wurde.
Aber natürlich versetzte es ihr täglich einen Stich, Hagars Sohn im Lager zu sehen, wie er als junger Knecht anpackte.
Kein Wunder, dass sie sich dort am besten aufgehoben fühlte, wo wir sie auch an jenem Tag vorfinden, im Zelt, zurückgezogen, geschützt von der Mittagshitze, in Ruhe gelassen von ihrem Ehemann.
Der sitzt vor der Tür und wartet. Glaubt man den Rabbinern, so wartete er dort auf Besuch, irgendwer, der ihn ablenkte, den er einladen, mit ihm einen Schwatz halten konnte. Daher begrüßt er die drei, die da kommen, auch so überschwänglich und tischt ihnen ein Festmahl auf. Dass er alle anderen dafür schaffen lässt, zuvorderst seine Frau und seinen Knechtsohn, passt ins Bild.
Dieses Bild nun wird erschüttert, mit einer Frage und einer Ankündigung: „Wo ist Sara, deine Frau?“ fragen die Gäste und Abraham antwortet – wohl irritiert: „Drinnen im Zelt.“
Und dann spricht einer von ihnen weiter. „Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben.“
Und dann, so heißt es, schmunzelte Sara in sich hinein. Man kann es sich schon vorstellen, wo dieses Schmunzeln herkommt, tief aus ihrem Herzen, das da durcheinandergewirbelt wird. Nicht nur, weil da nach ihr gefragt wird nach den vielen Jahren, nicht wegen ihrer Schönheit als Konkubine, nicht wegen ihrer Dienstbarkeit als Ehefrau, sondern weil ihr persönlich aus dem Nichts etwas verheißen wird, wonach sie sich selbst so viele Jahre sehnte und das doch inzwischen undenkbar geworden ist, nicht nur rein biologisch: „Nach dem ich alt bin, sollte ich wieder Lust haben? Und mein Herr ist auch alt.“, so sagt sie’s.
Kein Wunder, dass sie in sich hineinlacht – und vielleicht selbst nicht so recht weiß, wie dieses Lachen zu deuten wäre.
Lacht sie über einen guten Witz, lässt sie sich gerne für einen Moment erheitern, um dem nicht so heiteren Alltag zu entfliehen? Gibt sie sich ihren Fantasien hin, wie das nun aussehen soll, wenn zwei Urgroßeltern jetzt noch einmal loslegen und dann ein umtriebiges Kleinkind großziehen sollen? Steckt in dem Lächeln ein ungläubiges Staunen: „Was wäre denn, wenn…“?
Saras Lachen ist jedenfalls ein anderes als die Heiterkeit der Weihnachtsfeiern, die wir gewohnt sind und mit der wir auch so manche Last eines langen Arbeitsjahres abschütteln. Saras Lachen schüttelt nichts ab. Es nimmt in seinem wilden Durcheinander alles auf, was an Wunderbarem und Schwerem in ihrem Herzen ringt. Und ist uns damit, so denke ich, näher nach einem Jahr, das uns bis heute doch gehörig durcheinanderwirbelt.
In ihrem seligen Durcheinander ist es wohlgemerkt ein gesegnetes Lachen. Sara selbst ist das noch nicht klar.
Als einer der Gäste sie auf Ihr Lachen anspricht, ist es ihr hochnotpeinlich. Es braucht dann das Jahr, in dem sie ihren Sohn unter ihrem Herzen trägt, um den Segen zu erkennen und zu benennen. Ihr Sohn wird dann auch Isaak heißen, was bedeutet: „Gott hat jemanden zum Lachen gebracht.“
Gott selbst also hat dieses Lachen verursacht – und Gott selbst erfüllt es dann auch. Saras Geschichte erhält einen Neuanfang jenseits all der Erfahrungen, die ihr das Lachen geraubt hatten.
Das ist Gottes Humor. Es ist der Humor, der den Tod todlacht und das Todschweigen durchbricht. Es ist der Humor, der die Zerstörung der Zerstörung ist. Es ist der Humor, den die Mächtigen fürchten, wenn sie sich ach so ernst nehmen.
In seinen dunkelsten Stunden, in Kriegen und Verwüstungen, im Exil und im Ghetto, in Pogromen und Konzentrationslagern, konnten sich die Nachkommen Isaaks auf diesen Humor berufen.
Und natürlich ist es der Humor, der in der Weihnachtsgeschichte sichtbar wird, in dem Kind in der Krippe. Dass dieses Baby die Erfüllung der messianischen Verheißungen bedeuten solle, gilt nicht erst seit heute bei vielen als Witz, manchen sogar im Angesicht von Not als bitterer Scherz.
Ist es ein Witz? Ist es ein bitterer Scherz?
„Gott hat jemanden zum Lachen gebracht.“ Das hat Sara erfahren.
Mögen wir Saras Erfahrung teilen – nicht nur in diesen Tagen.
Amen.
Predigt über 1.Mose 18,1-15 im Rahmen der Online-Andacht anlässlich der Weihnachtsfeier der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft am 18.12.2020)