Besonders eindrücklich ist mir da etwa der Abend mit Lutz Knappmann von wiwo.de geblieben, der beschrieben hat, welche Umbrüche derzeit der Journalismus und damit eben auch Redaktionen als Arbeitsgemeinschaften durchmachen.
Das betrifft nun nicht nur den Journalismus. Unternehmerische Restrukturierungen, die auf der Veränderung von Prozessen dank neuer digitaler Möglichkeiten und neuer Kundenbedürfnisse basieren, betreffen heutzutage nahezu jede Branche. Und mit diesen Restrukturierungen werden nicht nur Kompetenzen neu bewertet, sondern auch innerbetriebliche Gemeinschafts-strukturen massiv umgewälzt.
Wer mit wem zu was und wo arbeitet, wird oft ganz neu bestimmt. Und viele haben damit zu kämpfen.
Aber ist dies so neu? Und was haben wir als Christenmenschen dazu zu sagen?
Zugleich haben wir auch erfahren, welche Chancen und Möglichkeiten neuer Organisation von Gemeinschaft digitale Tools bieten. Hier denke ich an unseren Abend in der Lukasschule. Frau Dr. Zerle-Elsäßer vom Deutschen Jugendinstitut verwies in ihrem Vortrag darauf, wie sich Familien dank digitaler Tools organisieren und sich damit auch gemeinschaftliche Kooperation und Freiräume schaffen, die sie als Familie stärken.
Ist das nun die Antwort auf die Frage: „Was bringt uns heute zusammen?“ – vielleicht sogar die Hoffnung, die wir als Christenmenschen aus diesem Jahr ziehen können?
Wenn ich vor dem Hintergrund dieser Fragen auf unsere Tageslosung blicke, dann fällt mir dazu auf, dass hier nicht von menschlicher Gemeinschaft im Allgemeinen die Rede ist, sondern von der Gemeinde.
Gemeint ist hier die Jerusalemer Urgemeinde, aber eben noch mehr – de facto ist damit die Schar all derer gemeint, die zum damaligen Zeitpunkt bereits als Gemeinde von der Botschaft des Auferstandenen herausgerufen und versammelt waren. Gemeint ist also die Weltkirche, gemeint ist Gemeinde im Allgemeinen. Hören wir das mit, wenn wir uns den Vers nochmal vergegenwärtigen:
So hatte nun die Gemeinde Frieden in ganz Judäa und Galiläa und Samarien und baute sich auf und lebte in der Furcht des Herrn und mehrte sich unter dem Beistand des Heiligen Geistes.
Wenn wir uns dieses Jahr Gedanken zu „Gemeinschaft 4.0“, also Gemeinschaft in unserem Zeitalter gemacht haben, ist es diese Form von Gemeinschaft, die wir uns wünschen, nach der wir uns sehnen, diese Form von Weltkirche, diese Form von Gemeinde?
Zumindest wird hier deutlich, was die Menschen in der Gemeinde zusammenbringt. Die Gemeinde mehrte sich unter dem Beistand des Heiligen Geistes. Was das bedeutet, wird vielleicht noch klarer, wenn man dem nüchternen Wörtchen „Beistand“ noch andere beifügt, wie es im Deutschen auch wiedergegeben werden kann:
Die Gemeinde mehrte sich unter dem Trost, dem Zuspruch, der Ermahnung und Ermunterung des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist gibt, was die Gemeinde braucht, um Gemeinde zu sein und zu werden – und der Heilige Geist gibt es so, dass in der Gemeinde ihre Glieder Anteil an diesem Werk erhalten: Die Gemeinde baute sich auf, heißt es ja. Das darf man durchaus in der Mehrdeutigkeit dieses Wortes begreifen: Brüder und Schwestern, die darniederlegen, werden in und durch die Gemeinde aufgebaut – und darin und dadurch wird die Gemeinde gebaut.
Noch mehr wird über die Gemeinde gesagt: es heißt, sie hatte Frieden und lebte in der Furcht des Herrn.
„Frieden“ ist es ja, was sich eine versammelte Gemeinde zuspricht. „Friede sei mit euch“ – „Und mit deinem Geiste“. Mit diesen Worten verkündigt sich die Gemeinde im Wechsel aus Sprechen und Hören, was die Engel zur Ankunft des Heilands verkündet haben: „Friede auf Erden“.
Friede, der mit dem Heiland verbunden ist, Friede, der heute so Not tut, wie zur Zeit der Ankunft des Heilands, wie zu allen Zeiten und an allen Orten auf Erden.
Friede, den die Gemeinde zu allen Zeiten und an allen Orten auf Erden sich verkündigt und unter dem Beistand des Heiligen Geistes erfährt.
Die Gemeinde – sie wird als ek-klesia, als Herausgerufene, vom Heiligen Geist getröstet, ermahnt, ermuntert und erfährt Zuspruch, sie baut sich auf, sie erfährt den Frieden auf Erden – und sie weiß dabei darum, dass es nicht ihr Werk ist. Darum lebt sie in der Furcht des Herrn. Gottesfurcht, die eben weiß, dass Gemeinde als Gemeinschaft Gnade, nichts als Gnade ist.
Wenn wir uns also nach dieser Gemeinschaft als Gemeinde sehnen, sie sich uns wünschen, dann mögen wir in Gottesfurcht um Gottes Geist bitten, uns diese Gemeinschaft zu schenken.
Denn diese Gemeinschaft ist weder selbstverständlich noch selbst machbar. Sie ist Gnade, nichts als Gnade.
Amen.
(Andacht über Apostelgeschichte 9,31 gehalten am 4.12.2019 bei der Mitgliederversammlung der regionalen Arbeitsgruppe des AEU München/Bayern)