Erwartungsschwanger

Geliebte vbw-Gemeinde,

Hand aufs Herz – wer von Ihnen ist in dieser Woche schon irgendwohin gehetzt? Wem hat sich in dieser Woche der Magen zusammengezogen im Angesicht irgendeiner Frist, die es vor Weihnachten noch einzuhalten gilt? Und wem ist in dieser Woche schon einmal die Hutschnur hochgegangen, weil irgendwas oder irgendwer nicht so funktioniert hat, wie es doch nötig gewesen wäre?

Alle Jahre wieder liegen die Nerven vieler Menschen vor Weihnachten blank. Alle Jahre wieder ballen sich die Termine in der Adventszeit. Alle Jahre wieder die gleichen Sprüche, die man sich zuraunt, mit ironischem bis zynischem Zungenschlag: „Alle tun so, als ob die Welt an Silvester untergeht.“ Oder „Was für eine Überraschung – auch dieses Jahr fällt Weihnachten auf den 24.Dezember.“

Es ist schon eine besondere Zeit, diese Vorweihnachtszeit – vielleicht gar nicht mal unbedingt, weil es stressiger oder dichter wäre als zu anderen Hochphasen im Jahr. Vielleicht eher, weil wir uns in dieser Zeit, ganz speziell in dieser Zeit etwas anderes wünschen würden. Und diese Wünsche ja auch befeuert werden, ob durch sentimentale Filme, herzerwärmende Weihnachtslieder oder Weihnachtskarten, die uns erholsame und friedliche Weihnachten wünschen.

An diesem Kontrast verzweifeln so manche, an dieser Spannung des „man müsste doch eigentlich, es müsste doch eigentlich anders sein, aber es ist halt, wie es ist.“ Erwartungsschwanger weiterlesen

Im Wartemodus

Lukas 12,36: Seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten.

Lukas 12,35f.: Die Lenden fest umgürtet, die Lampen brennend: So sollt ihr Menschen gleichen, die darauf warten, wann ihr Herr vom Hochzeitsmahl heimkehrt, um ihm, sobald er kommt und klopft, gleich zu öffnen.

Geliebte AEU-Gemeinde,

Sie werden es gemerkt haben: was in Ihrem Programm steht, nämlich die heutige Tageslosung aus dem Neuen Testament, und das, was ich Ihnen gerade vorgelesen habe, ist nicht ganz identisch. Eine Tageslosung ist ja ein Verslein, herausgenommen aus einem biblischen Kontext – und manchmal hilft es, zumindest den engeren Kontext mitzuhören, um besser zu verstehen, was hier angesagt ist. Immerhin ist dieses Verslein ja ein Appell, und wenn wir uns denn als Gemeinde unter dem Wort verstehen, dann nehmen wir für uns in Anspruch, hier auch adressiert zu sein.

Seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten. Da kann man sich schon etwas denken, aber noch mehr hilft es doch, von diesen Menschen, die da warten, mehr zu erfahren. Die Lenden fest umgürtet, die Lampen brennend – so wird der Wartemodus beschrieben, in dem sich diese Menschen befinden und in den hinein wir uns auch begeben mögen. Im Wartemodus weiterlesen

Dein Beruf

„Und was machst du so?“ Jeder kennt diese Frage. Ein Eisbrecher auf Parties, erstes Beschnuppern, unverfängliches Gesprächsthema. Nicht immer klappt das ja. „Pfarrer, aha.“ Gesprächsende. Aber wenn es klappt, ergeben sich interessante Begegnungen. Denn womit eine ihre Brötchen verdient, hat viel mit ihr zu tun. Mit ihren Interessen und Vorlieben, zumindest mit ihrem Lebensweg.

Beruf, Job, Arbeit – das heißt, was einer so macht für Geld. Dabei hat der Erfinder des Wortes „Beruf“ , Martin Luther, ursprünglich etwas anderes damit gemeint. Für Luther waren alle Menschen von Gott berufen, egal, ob sie nun einen Job für Geld hatten oder nicht. Diese Berufung ist in Luthers Ohren die Hintergrundmelodie, die sich durch alle Beziehungen zieht, in denen wir stehen und in denen wir gefordert sind. Denn das Wesentliche an uns Menschen ist, dass wir Beziehungswesen sind. So hat uns Gott erdacht und erfunden – mit dem Sinn und Zweck, dass wir in unseren Beziehungen dem jeweils Anderen mit unserem Wissen und Können zum Guten dienen.

Wenn Luther dich also fragen würde: „Was machst du so beruflich?“, dann würde er sich nicht damit zufrieden gegeben, wenn du ihm von deiner Arbeit erzählst. Er würde sich dafür interessieren, wie du mit deiner Familie zusammenlebst – oder auch was du in deiner Nachbarschaft, deinem Freundeskreis, deinem Verein, deiner Gemeinde tust. Er würde dich fragen, wie du überall deinen Mann, deine Frau stehst, was klappt und was hakt. Und er würde mit dir um den Segen Gottes bitten, damit dir all deine Aufgaben gut gelingen.

(nachzuhören bei Auf ein Wort am 9.9.2017)